Man muss auch in dickleibigen oder vielbändigen Lexika lange nach Informationen über Gustave Caillebotte (1848-1894) suchen, bevor man meistens recht dürftige Auskünfte erhält. Am ehesten findet man sie in den zeitgenössischen Exemplaren der Zeitschrift Le Yacht, die über den begeisterten Segler und erfahrenen Bootsbauer, der auf die über zwanzig von ihm entworfenen und gebauten Yachten zu Recht stolz war, berichten. Anfangs segelte er auf der Seine, später aber von seinem normannischen Domizil aus sowie von Le Havre oder Trouville, dem Nachbarort des damals recht mondänen Badeortes Deauville, als erfolgreicher Regattateilnehmer vor der Küste der Normandie.
Sein Selbstporträt (etwa 1892; Musée d’Orsay, Paris) zeigt einen selbstbewussten, wettergewohnten Mittvierziger, weist aber nicht darauf hin, dass er ursprünglich – so wie manch anderer Maler auch – Jura studiert und dieses Studium auch erfolgreich abgeschlossen hat. Neben der Schule, dem späteren Studium und der anschließenden Teilnahme am Preußisch-Französischen Krieg von 1870/1871 hatte sich Caillebotte schon recht frühzeitig dem Zeichnen zugewandt und begann auch bald, seine künstlerischen Ideen auf Ölgemälde zu übertragen. Eines seiner frühesten bekannten Bilder, in dem das zeichnerische Element noch recht deutlich hervortritt, stammt von seiner Italienreise und zeigt eine Pferdekutsche auf sandiger Landstraße mit dem Vesuv im Hintergrund (Straße bei Neapel; um 1872; Privatsammlung).
Mit seiner sportlichen Leidenschaft war das Sammeln von Kunstwerken sehr eng verbunden, und durch diese Begeisterung war der gutsituierte Caillebotte mit den seinerzeit heftig umstrittenen, von ihm stark geförderten Impressionisten in Berührung gekommen und zu ihrem Mäzen und Organisator ihrer Ausstellungen geworden. Er schloss nicht nur lebenslange Freundschaften mit Claude Monet (1840-1926), Pierre-Auguste Renoir (1841-1919) und Camille Pissarro (1830-1903), sondern näherte sich im Lauf der Zeit auch deren Malweise an. So weisen seine Werke einen realistisch-impressionistischen, gelegentlich nahezu fotografischen Stil auf. In seinen Themen findet sich neben Porträts, Genre-und Landschaftsbildern häufig und wie selbstverständlich das ihm vertraute Element Wasser – Flüsse, Seen, das Meer. So etwa in Segelboote bei Argenteuil (um 1888, Paris, Musée du Louvre) oder in seinem farbenprächtigen Ruderer auf der Yerres (1877; Privatbesitz).
Seine Leidenschaft für die Malerei spiegelt sein Werk. Es umfasst trotz seines kurzen Lebens etwa 500 Arbeiten, die er eigentlich alle dem Staat hinterlassen wollte, der aber einen Großteil davon ablehnte und nur einige wenige übernahm, deren Großteil sich mittlerweile und üblicherweise im Musée d’Orsay befindet. Ab dem 18. Oktober 2012 unter dem Titel Gustave Caillebotte. Ein Impressionist und die Fotografie sind seine Werke aber in der SCHIRN Kunsthalle in Frankfurt am Main zu sehen.
Sollten Sie keine Gelegenheit zum Besuch dieser Ausstellung haben, können Sie alternativ Caillebottes künstlerischen Werdegang auch von zu Hause aus nachverfolgen. Grundlage dafür kann etwa der vom Verlag Parkstone-International aufgelegte Titel Caillebotte mit seinen vielen Detailansichten im handlichen Druckformat sein.
No comments:
Post a Comment