Tuesday, September 25, 2012

Impression, Sonnenaufgang – Frankreich im 19. Jahrhundert

Als Edmond Renoir, Journalist und Bruder des Malers Auguste Renoir (1841-1919), an einem begleitenden Katalog für die erste im Jahr 1874 stattfindende Ausstellung der – wie sie sich selbst nannten – Société anonyme des artistes, peintres, sculpteurs, graveurs (Die Anonyme Gesellschaft der Künstler, Maler, Bildhauer und Grafiker) arbeite, fiel ihm auf, dass Claude Monet (1840-1926) viele seiner Werke einfach mit dem Titel Le Havre versehen hatte. Auf einem dieser Gemälde ist eine diesige, in grau-blaue Nebelschwaden gehüllte morgendliche Flussszenerie dargestellt. Die Umrisse einiger kleiner Paddelboote im Bildvordergrund und größerer im Hafen liegender Segelboote zeichnen sich im Bildhintergrund ab. Der Hafen selbst und die normannische Stadt Le Havre sind im dämmrigen Morgenlicht und aufgrund der dichten Nebelschwaden jedoch nicht zu erkennen. „Schreib Impression“ lautete daher Monets Vorschlag für eine Neubetitelung des Gemäldes, nicht ahnend, dass damit die Bezeichnung der neuen Stilrichtung gefunden war.


Claude Monet, Impression, Sonnenaufgang, 1872.
Öl auf Leinwand, 48 × 63 cm.
Musée Marmottan Monet, Paris.


Am 25. April 1874 erschien in der Zeitschrift Charivari ein satirischer, von dem Kritiker Louis Leroy geschriebener Artikel über die Ausstellung aus Sicht eines akademischen Besuchers: „Impression, da bin ich mir sicher“,lässt er den vor Monets Gemälde stehenden Akademiker murmeln [...] welch Freiheit, welch Gewandtheit in der Ausführung! Die unvollendete Tapete ist vollendeter als dieses Seestück hier!“ (Charivari, 25 April 1874). Seinem Artikel überschrieb Leroy sarkastisch mit dem Titel Die Ausstellung der Impressionisten – ein zunächst durchaus negativ gemeinter Neologismus, der aber so geläufig wurde, dass er sich als Epochenbegriff durchsetzte.

Mit der ersten Ausstellung der Impressionisten war ein großer Schritt hin zu einer Kunst getan, die das moderne, die Künstler umgebende Leben widerspiegelte. Paris gehörte schon im Mittelalter zu den größten Städten Europas und gilt als die erste Großstadt des Westens. Hier entwickelten sich typische städtische Lebensformen: Elegant gekleidete Fußgänger schlendern den neuen durch den Architekten Georges-Eugène Haussmann (1809-1891) geprägten Pariser Boulevard entlang, die kleinen Straßencafés sind gut besucht, im Park wird getanzt und gepicknickt. Das moderne Paris lieferte den Impressionisten viele Motive, und die Anonymität der Großstadt brachte gleichzeitig viele Freiheiten mit sich: „Das Paris zwischen den Weltkriegen“, bemerkte Simonetta Fraquelli, „[...] war die hedonistische Metropole Europas, Kreuzung und Testgebiet der Kunst von unvergleichlicher Vitalität, das Ziel von Künstlern auf der Suche nach Freiheit und Inspiration. Paris verkörperte einen Traum.

Der Entwicklung der Gesellschaft und der Entstehung des modernen Lebens in den 1800er Jahren widmet sich auch die aktuelle Ausstellung Modern Life – France in the 19th im Century Nationalmuseum in Stockholm. Noch bis zum 3. Februar 2013 werden dort Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Fotografien und Werke der angewandten Kunst präsentiert. Von der klassisch inspirierten Kunst der napoleonischen Ära, über die neue Freilichtmalerei, vom kurvigen Jugendstil bis hin zum Impressionismus sind Werke von Claude Monet, Emile Gallé, Edouard Manet, Berthe Morisot, August Rodin, Gustave Courbet und vielen anderen Künstlern ausgestellt.
Der Impressionismus ist eine der Epochen, die in der Kunst einen großen Umbruch auslösten, eine Epoche, die es zu entdecken lohnt.

Einen weiterführenden guten Überblick können Sie sich mit dem im Verlag Parkstone-International erschienenen und als E-Book oder Druckausgabe erhältlichen Titel Impressionismus verschaffen.

 

-C.Schmidt

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