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Tuesday, June 18, 2013

Frau Antje lädt zum Kunstgenuss

„So viele Länder, so wenig Zeit!“ Auch Napoleon Bonaparte (1769-1821) trug scheinbar jenes Virus in sich, das alljährlich – spätestens zu Beginn der Sommermonate – breitenwirksam um sich greift und dabei ganze Stadtbezirkeleer zu fegen scheint: das gemeine“febris itineris“, besser auch als „Reisefieber“ bekannt.

Bricht wegen des Hitzestaus im Büro unter den Kollegen ein erbitterter Kampf um den Platz am Ventilator aus? Und bleibt betriebsurlaubsbedingtnicht einmal mehr der Lieblingsbiergarten als Fluchtmöglichkeit? Spätestens dann ist es wohl an der Zeit, die Koffer zu packen und die Reise in Richtung Süden anzutreten. Doch nur allzu oft ist es ein langer, mühsamer Weg, bevor der erste wohlverdiente Sommercocktail am bevorzugten Sandstrand genossen werden kann. Denn wer nicht gerade über denZugang in die Lounge der Business Class verfügt, dem graut zumalschon vor Reiseantritt vor stundenlangen Wartezeiten in überfüllten Flughafenterminals. Die Airport-Restaurants sind dank überzogener Preisgestaltung und fragwürdiger Produktqualität jedenfalls nur selten eine zufriedenstellende Option. Und ein entspannendes Schläfchen auf den Terminalbänken bleibt wohl auch eher nur praktizierenden Yoga-Meistern oder Schlangenmenschen vorbehalten (alle anderen seien an dieser Stelle vorsorglich auf die Gefahr einer Wirbelsäulenverkrümmung hingewiesen).

Wie wäre es daher mit einem Museumsbesuch, um die Wartezeit zum Anschlussflug zu überbrücken? Der Amsterdamer Flughafen Schiphol bietet beispielsweise neben einem umfangreichen Angebot an Leih-Büchern, -DVDs und -CDs in 29 Sprachen auch die Möglichkeit eines musischen Stop-Overs in der terminaleigenen Kunstgalerie.

Johan Barthold Jongkind Windmühlen bei Rotterdam, 1857. Öl auf Leinwand, 42.5 x 55 cm.  Rijksmuseum, Amsterdam.
Johan Barthold Jongkind
Windmühlen bei Rotterdam, 1857.
Öl auf Leinwand, 42.5 x 55 cm.
Rijksmuseum, Amsterdam.


Im direkt hinter der Passkontrolle befindlichen Rijksmuseum Schiphol können sich kunstsinnige Fluggäste seit 2002 an den Werken der alten holländischen Meister erfreuen.

Thursday, March 21, 2013

Allein aus Freude am Sehen

Allein aus Freude am Sehen und ohne Hoffnung, seine Eindrücke und Erlebnisse mitteilen zu dürfen, würde niemand über das Meer fahren (Blaise Pascal)

Seien Sie mal ehrlich: Würden Sie ohne Kamera in den Urlaub fahren? Was wäre heute schon ein Urlaub ohne Urlaubsfotos? Ein Reisebericht ohne Anschauungsmaterial? Die im Titel zitierte Äußerung des französischen Mathematikers und Erfinder des Pascalschen Dreiecks, Blaise Pascal (1623-1662), gilt demnach heute so wie damals.

Dennoch gibt es einen entscheidenden Unterschied: „Früher zeichnete man auf Reisen, um sich erinnern zu können, wo man war. Heute filmt man auf Reisen, um zu erfahren, wo man gewesen ist.“ Das jedenfalls stellte Albert Camus (1913-1960), einer der bekanntesten und bedeutendsten französischen Autoren des 20. Jahrhunderts, bereits mehr als 30 Jahre vor der Erfindung der Digitalfotografie im Jahr 1975 fest. Wie recht er damit doch hat: Denn wie selten nimmt man sich auf einer Reise die notwendige Zeit, um ein Foto zu machen und sich über das betreffende Motiv vor Ort zu informieren? Wie oft fotografieren wir nicht nur die Sehenswürdigkeit selbst, sondern zugleich auch die dazugehörige Informationstafel, um das betreffende Objekt später bequem von zu Hause aus zu googeln und auf diese Weise effizient und zeitsparend alle wichtigen Informationen darüber einholen zu können.

 

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Utagawa Hiroshige, Nächtlicher Blick auf die acht berühmten Orte von Kanazawa, aus der Serie Schnee, Mond, Blumen, Juli 1857.
Farbiger Druck nach Holzschnitt, rechtes Blatt: 36,7 x 24,6 cm; zentrales Blatt: 36,7 x 24,7 cm; linkes Blatt: 36,5 x 24,6 cm.
Baur Sammlung, Genf.


 

Unser Informationszeitalter und die sich in den letzten Jahrzehnten rasant weiterentwickelte Mobilität haben uns das Reisen extrem erleichtert. Während die Generation unserer Großeltern in ihrem Leben (wenn überhaupt) nur eine große Reise gemacht hat, von der im pfleglich behandelten Fotoalbum nur wenige vergilbte Aufnahmen zeugen, verursacht die Urlaubszeit heutzutage wahre Bilderfluten. Der japanische, im heutigen Tokio geborene Maler Utagawa Hiroshige (1797-1858) dagegen, der neben Katsushika Hokusai (1760-1849) bis heute in Japan zu den bekanntesten und beliebtesten Malern zählt, schuf einen einmaligen Reisebericht.

Unterwegs auf dem „östlichen Seeweg“, dem Tōkaidō, vom damaligen Regierungssitz Edos (dem heutigen Tokio) zur kaiserlichen Hauptstadt Kyōto, hielt er nicht nur die sich mit den Jahreszeiten verändernde Landschaft fest, sondern dokumentierte in zahlreichen Werken das alltägliche Leben auf dem Fluss und an den Ufern der Handelsstraße: Blühende Kirschbäume, grüne Reisfelder, das dunkelrot leuchtende Herbstlaub des Ahorns umsäumen die Nebenflüsse und Kanäle, schneebedeckte Gipfel befinden sich im Hintergrund. Auf dem Fluss und am Ufer wird Handel betrieben. In den kleinen Dörfern, buddhistischen Klöstern und Tempeln, in den Städten, auf den Brücken, in den Teehäusern und Palästen – überall herrscht ein geschäftiges Treiben. Handelstreibende, Feldarbeiter mit ihren Reishüten, die Kimono tragende Stadtbevölkerung und lange Festprozessionen bevölkern die Stadtansichten.

 

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Utagawa Hiroshige, Allgemeine Ansicht der Ersten Straße im Nihonbashi-Viertel, Nihonbashi tori Itchôme ryakuzu, August,1858.
Farbholzschnitt, 36 x 24 cm.
Schenkung von Anna Ferris, Brooklyn Museum of Art, New York.


 

Sein Reisebericht machte ihn zum bekanntesten Künstler des Ukiyo-e, einer Kunstrichtung der Edo-Periode (1603-1868), die sich vor allem das Alltagsleben der Stadtbevölkerung zum Motiv nahm. Die Arbeiten des Künstlers, der eigentlich als Feuerwehroffizier arbeitete, aber von einem Freund und Vorgesetzten die Grundkenntnisse des Malens und der Kalligrafie erlernte und später neben seinem Beruf eine Lehre als Farbholzschnittzeichner begann, übten einen großen Einfluss auf die Impressionisten und vor allem auf Van Gogh aus.

Eine große Auswahl Hiroshiges Werke präsentiert noch bis zum 17. März die aktuelle Ausstellung der Pinacothéque de Paris Hiroshige, l'art du voyage (Hiroshige – Die Kunst des Reisens), die zeitgleich mit einer großen Ausstellung über die Bedeutung des Japanismus im Werk von Vincent Van Gogh (1853- 1890) stattfindet.

Im Verlag Parkstone International sind darüber hinaus mit den E-Book-Titeln Hiroshige von Mikhail Uspensky und Ukiyo-e von Edmond de Goncourt zwei Bücher erschienen, die sich mit zahlreichen Farbabbildungen und interessanten Erläuterungen mit dem Leben und Werk Hiroshiges auseinandersetzen.

C. Schmidt